Beerot Jitzhak in deutscher Sprache Nr 3

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Liebe Freunde! Wir freuen uns sehr, Ihnen die dritte Ausgabe von „Beerot Jitzchak“ in deutscher Sprache zu präsentieren. In dieser Ausgabe beginnen wir, das Buch von Raw Jitzchak Silber, das Andenken des Gerechten zum Segen, „Du sollst bleiben a Jid“ («Чтобы ты остался евреем») in deutscher Übersetzung zu publizieren. Wir möchten uns für die Genehmigung, das Buch ins Deutsche zu übertragen, beim Sohn des Autors, Haraw Hagaon Benzion Silber schlita, zutiefst bedanken. Ab der kommenden Ausgabe beginnen wir, so G-tt will, mit der Publikation der Neunzehn Briefe von Raw Schimschon Rafael Hirsch, das Andenken des Gerechten zum Segen.

Ihre Redaktion

›[1] Raw Jitzchak Silberš — Du sollst bleiben a Jid

Mit Genehmigung von Haraw Hagaon Benzion Silber

[1-1] Vorwort

Niemals hatte ich vor, meine Erinnerungen zuschreiben. Ich meinte, dass es unschön ist, sich selbst darzustellen. In Privatgesprächen jedoch und in Vorträgen, vor dem Publikum, kam es ja vor, dass ich Menschen und Ereignisse erwähnte, welche, wie es schien, (dem Zuhörer) viel beibringen konnten. Meine Gesprächspartner und Zuhörer versuchten mich zu überzeugen, dass die von mir geschilderten Ereignisse und Schicksale einen tiefen Eindruck machten und dass es schade wäre, wenn sie nicht zum Allgemeingut würden. Letzten Endes kam ich zur Einsicht, dass es wirklich wichtig ist.

Und wie kam es dazu, dass ich zu erzählen begann? Im Jahre 1972 kam ich nach Israel. Im selben Jahr bot man mir und noch zwei anderen  Repatrianten „aus Russland“ an, nach Amerika zu fahren, um an einem Wohltätigkeitsdinner teilzunehmen, in dessen Rahmen Geld für das System der religiösen Bildung in Israel gesammelt wurde. Unsere Anwesenheit sollte zeigen, dass religiöse Schulen u.a. auch um der wachsenden Zahl der Kinder der neuen Repatrianten  willen unterstützt werden müssen. Ich sagte zu. In Amerika fragte mich Raw Pinchas Taitz (mein Cousin, über ihn wird noch die Rede sein): „Möchtest du mit einem der klügsten Menschen der Welt sprechen?“ – und brachte mich zu Raw Jitzchak Hutner, das Andenken des Gerechten zum Segen.

Raw Jitzchak Hutner ist eine der größten jüdischen Autoritäten der Gegenwart. Unter den hervorragenden Persönlichkeiten unserer Zeit finden sich einige seiner Schüler, u.a. der in Israel lebende Raw Mosche Schapiro, ein tiefer Kenner des Talmuds und der jüdischen Weltanschauung, dessen Meinung großes Interesse und Respekt entgegen gebracht wird.

Ich kam bei Raw Hutner für zehn Minuten vorbei. Und blieb wahrscheinlich länger als eine halbe Stunde. Dieses Treffen veränderte vieles in meinem Leben und meinem Verhalten.

Raw Hutner wollte wissen, wie ich denn meine Kinder (in der Sowjetunion – als religiöse Juden) groß- und erzog. Ich begann zu erzählen, scheute mich aber, zu viel zu sprechen. Ob es gut ist, dachte ich, bei diesem großen Menschen zu Gast zu sein und über sich selbst zu schwatzen. Ich dachte mir: „wahrscheinlich rede ich Überflüssiges“, und entschuldigte mich – „verzeiht mir, Rebbe, dass ich viel rede“. Er rief aber aus: „Glaubt mir – wenn nicht die Scham, hätte ich geweint.  Erzählt, erzählt und erzählt allen!“.

Seither begann ich, zu erzählen. Wenn nicht der Raw, hätte ich niemals etwas erzählt. Früher schwieg ich. Sogar zuhause wusste man nicht um Einzelheiten, z.B. über das Lager. Als ich aus Amerika zurückkam und meine Frau mich hörte, wunderte sie sich: „Wieso hast du angefangen, alles zu erzählen?“ Es war aber Raw Hutner, der mir sagte: „Erzählt!“ Und ich sehe, dass er Recht hatte.

Was bleibt in unserem Gedächtnis? Was kommt zum Vorschein, wenn man sich zu erinnern beginnt? Ich weiß es nicht. Ich bin nicht mehr jung, kam in Kasan im Jahre 1917 zur Welt. Und das Erste, woran ich mich aus der Kindheit erinnere, ist eine Handlung, die zu einem großen Unglück hätte führen können, aber erfreulicherweise ohne Folgen blieb.

Meine Eltern waren meine ersten und einzigen Lehrer, die Tora mit mir lernten. Ich war noch ganz klein, als ich las, dass zwischen uns Juden und G-tt ein Bund existiert. Der Vers, in welchem G-tt Awraham erscheint und sagt: „Und Ich werde Meinen Bund zwischen Mir und dir und zwischen deinen Nachkommen nach dir für ihre Geschlechter zum ewigen Bund aufrecht halten“ (Bereschit 17,7, Übersetzung hier und weiter von Raw Sch.R.Hirsch), erstaunte mich.  Ich fragte, was es bedeutet, und die Eltern erklärten mir, dass das einzige Volk, welches den Glauben an den einzigen G-tt nicht verlassen wird, die Juden sind. Danach  steht: „Und ich werde dir und deinen Nachkommen nach dir das Land deines Aufenthaltes, das ganze Land Kenaan, zum ewigen Eigentum geben“.

—      Bedeutet das, dass ich irgendwann in Eretz Jisrael leben werde?“, fragte ich.

Damals, in den zwanziger Jahren, schien es undenkbar! Aber die Eltern erwiderten: „du wirst!“ – und ich beschloss, zu handeln. Falls die Eltern Gründe haben, warum sie zaudern, so habe ich solche Gründe nicht, und habe nach Erhalt einer solchen Zusicherung von G-tt nicht vor, zu zögern.

Ich erfuhr von Passanten, wo sich das Kommissariat für auswärtige Angelegenheiten befindet, ging dorthin und fragte nach dem Vorgesetzten. Ich komme zu ihm und sage:

—      Erlauben Sie mir, zu meinem Großvater nach Litauen (Litauen war damals noch nicht Teil der Sowjetunion), Stadt Raguva des Panevezher Bezirks auszureisen. Der Familienname ist Schapiro.

—      Was willst du in Litauen, Junge?

Ich  antwortete arglos:

—      Ich werde nach Palästina fahren müssen, und dorthin lässt man einen von Russland nicht ausreisen. Deswegen möchte ich nach Litauen fahren, und von dort – nach Palästina.

Der Vorgesetzte kritzelte etwas auf dem Papier.

—     Und wer sind deine Vater und Mutter? Für solch eine Erziehung muss man einsperren!

Ich kann mich nicht erinnern, wie ich von dort weggelaufen bin. Erst  nach vielen Jahren verstand ich, welcher Gefahr ich Vater und Mutter aussetzte. Nur durch ein Wunder kann man es erklären, dass sie nicht verhaftet wurden. Und ich möchte hier meine Schuld bekennen. Ich handelte falsch. Aber ich war jung und naiv, ich war acht Jahre alt. Den Eltern, ihr Andenken zum Segen, habe ich von diesem Ereignis nicht erzählt.

Fortsetzung folgt.

[2] Im Kreis des Jahres

[2-1] Monat Marcheschwan

 Von Raw Reuwen Kuklin

Ein neuer Monat hat begonnen, der Marcheschwan. Was den Namen des Monats angeht, sagt „Das Buch unseres Erbes“ folgendes: „Den Namen Marcheschwan haben die Juden mitgebracht, die aus dem Babylonischen Exil zurückkehrten. Er heißt Marcheschwan, weil er bitter ist (mar), weil er keinen einzigen fröhlichen Tag enthält“. Diese Erklärung finden wir auch in anderen Büchern. Wir müssen aber verstehen, warum der Monat Marcheschwan, welcher keine Feiertage enthält, sofort auf den Monat Tischri folgt, der voller Feiertage ist.

Das können wir anhand des Buche Schir-ha-Schirim erklären. Wie wir wissen, ist das ganze Buch auf Allegorien aufgebaut, die über die Liebe zwischen dem Schöpfer und dem jüdischen Volk erzählen. Die Geliebte spricht über sich (Schir-ha-Schirim, 5:2-4): „Ich schlafe, doch mein Herz ist wach – Horch! Mein Geliebter klopft: „Öffne mir, meine Schwester, Geliebte, meine Taube, du Reine, denn mein Haupt ist voll von Tau und meine Locken voll nächtlicher Tropfen. „Ich habe mein Gewand ausgezogen, wie soll ich es anziehen? Ich habe meine Füße gebadet, wie soll ich sie besudeln? Da streckte mein Geliebter seine Hand durch den Türspalt – da wallte mein Inneres ihm entgegen.“ Der Wilnaer Gaon schreibt in seinem Kommentar zu Schir-ha-Schirim, dass wenn Juden sich von Haschem entfernen („Ich habe mein Gewand ausgezogen“ deutet auf die Entfernung von guten Eigenschaften und „Ich habe meine Füße gebadet“ auf das Versinken in materielle Gelüste hin), Haschem ihnen Seine besondere Zuneigung zeigt, und diese Zuneigung erweckt in Juden den Wunsch, Ihm nahe zu kommen.

Die Geliebte setzt fort (Schir-ha-Schirim, 5:5-6): „Ich stand auf, meinem Geliebten zu öffnen… Ich habe meinem Freund geöffnet“. Es ist geschehen, was der Schöpfer erwartet hat – das jüdische Volk ist wach geworden und hat sein Herz für Seine Liebe geöffnet. Wir wünschen uns, dass der Schöpfer Sich uns noch weiter nähert, „doch mein Geliebter war entschwunden, war fort. Ganz außer mir war ich… Ich suchte ihn und fand ihn nicht, rief nach ihm und er antwortete nicht“. Warum „entschwindet“ der Schöpfer?

Diese Frage können wir beantworten, wenn wir verstanden haben, was wahre Liebe ist. In der heiligen Sprache heißt Liebe Ahawa. Das Wort besteht aus zwei Teilen: dem ersten Buchstaben Alef, welcher die Wurzel aller Buchstaben ist (nach dem Wilnaer Gaon im Kommentar zu Sefer Jezira), und dem Wort Haw, das auf Aramäisch „gib“ bedeutet. Um die wahre Liebe zu erreichen, sind zwei Komponenten notwendig: das Verständnis der Größe des Geliebten, das den Wunsch erweckt, sich ihm anzunähern, und die Notwendigkeit der Selbstaufgabe, um diese Nähe zu erreichen.

Als der Geliebte „seine Hand durch den Türspalt“ streckte, verstand die Geliebte seine Größe, und das erweckte in ihr den Wunsch, sich ihm anzunähern. Aber dies ist nicht genug, um die wahre Liebe zu erreichen. Man muss sich aufgeben, um den Geliebten zu finden. Aus diesem Grund entschwindet der Geliebte, während er hofft, dass seine Geliebte sich anstrengt, ihn zu finden, was im Endeffekt zur größeren Liebe und Nähe führen wird.

Den Monat Tischri kann man mit der Zeit vergleichen, in welcher der Geliebte die Hand durch den Türspalt streckt. In diesem Monat, der reich an Festtagen ist, zeigt der Schöpfer dem jüdischen Volk Seine Liebe. Aber damit die Liebe vollkommen wird, ist es notwendig, dass es eine Zeit gibt, wenn das jüdische Volk selbst auf die Suche nach Nähe des Schöpfers hinauszieht. Genau deswegen folgt der Monat Marcheschwan dem Monat Tischri, damit wir selbst hinausziehen, den Schöpfer zu suchen, wodurch die Liebe zwischen dem Schöpfer und Seinem Volk vollkommen wird.

Fast jeder Jude hat solch eine Situation erlebt, dass nach einer gewissen Zeit der besonderen Nähe des Schöpfers das Gefühl kommt, dass der Schöpfer „verschwunden“ ist. Man soll sich aber nicht verzweifeln, es ist wichtig, zu verstehen, dass diese Zeit eine außergewöhnliche Gelegenheit ist, eine noch grössere Nähe zu G-tt zu erlangen.

Übersetzung: Riwka Elias

›[3] Wochenabschnitteš

[3-1] Was können wir von unserem Vorvater Awraham lernen?

Nach Schiurim vom Raw Jig’al Polischuk

Wir begannen mit G-ttes Hilfe, die Wochenabschnitte zu lernen, in denen von den Maase Avot, den Taten unserer Vorväter die Rede ist. Es ist natürlich nicht möglich, hier das Thema vollständig zu beleuchten, es macht aber Sinn, sich mit den wichtigsten Punkten zu befassen. Wir werden den Anfang aufzeigen, die Fortsetzung des Lernens hängt von jedem einzelnen Menschen ab.

Im Buch vom Ramchal „Derech Etz Chaim“ ist die Rede davon, wie ein Mensch über das Leben denken soll. „Man sollte darüber nachdenken, weshalb unsere Vorväter – Awraham, Jitzchak und Jaakov, und auch der König David würdig geworden sind, von  G-tt geliebt zu werden – und genau das Gleiche tun!“ So etwas, nicht mehr und nicht weniger… Allein diese Worte von Ramchal sind eines ganzen Vortrages wert, für uns jetzt ist aber wichtig zu verstehen, worin die Würde und die Größe der Vorväter besteht, warum gerade sie aus der Menge der Nachkommen von Adam und Noach auserkoren wurden, die Gründer unseres Volkes zu werden – keines gewöhnlichen Volkes, wie die anderen siebzig Völker der Erde. Wir haben darüber gesprochen, als wir den Wochenabschnitt „Berejschit“ analysiert haben: „bischwil (für) rejschit (Anfang)“ war die Welt erschaffen, und rejschit ist Israel, das Volk Israel. Ein Teil der Menschheit ist auf die Umsetzung der g-ttlichen Vorsehung ausgerichtet, ein anderer Teil zielt auf etwas gegenteiliges, und es gibt eine Schicht dazwischen. Die Würde unseres Volkes besteht darin, dass der Plan des Schöpfers uns einverleibt wurde. Sogar diejenigen, die unserem Volk beitreten, die Gerim, werden „Bnej Awraham“, Kinder von Awraham genannt. Gemäss dem halachischen Beschluss vom Rambam wenden sich die Gerim an G-tt mit Elokej Avotejnu – G-tt unserer Väter. Somit, obwohl sie nicht als Juden geboren sind, haben unsere Seelen den gleichen Ursprung und unsere Vorväter sind auch ihre Vorväter.

Awraham wird schon in dem Wochenabschnitt Bereschit erwähnt. In dem 4. Vers des zweiten Kapitels gibt es das Wort  „בהבראם“ (das „während der Schöpfung“ übersetzt wird), das aus den Buchstaben des Namens „Awraham“ und dem Buchstaben „Bet“ besteht; und es gibt einen bekannten Midrasch, in dem dieses Wort als „um Awrahams willen“ interpretiert wird.

Zum ersten Mal wird Awraham im Klartext, nicht als Hinweis, im Wochenabschnitt Noach als Nachkomme von Schem erwähnt. Dort, wo zehn Generationen von Noach bis Awraham aufgezählt werden, ganz am Ende, erscheinen Awraham, Lot und Iska (Sara). Weiter wird gesagt: „ und führte sie aus dem Ur Kasdim heraus.“- für uns ist das ein Hinweis für die erste Prüfung von Awraham, als er von Nimrod ins Feuer geworfen wurde. Die Ereignisse aus dem Leben von Awraham werden dann weiter im Wochenabschnitt Lech Lecha beschrieben, seine Geschichte ist unter mehreren Abschnitten verteilt. Es ist offensichtlich, dass das Auserwähltsein von Awraham kein Zufall ist, er wurde aus zehn Generationen erwählt!

Dabei — wenn wir über die Kette der Überlieferung sprechen — war Awraham nicht der einzige Gerechte. Es ist aus der Überlieferung, die von unseren Weisen empfangen wurde, bekannt, dass es ein Lehrhaus von Schem und Ewer gab, wo Jaakov gelernt hat, und somit gab es die Überlieferungskette  der Tora. Genauso wie der Vater von Noach Tora von Adam erhalten hat, hat Awraham sie von Schem und Ewer bekommen. Wir sehen, dass es parallel zum Awraham eine Kette der Generationen gab, durch die die Tora weitergegeben wurde, und dabei wird Awraham „rosch maaminim“, der Oberhaupt der Gläubigen genannt. Ferner, als unsere Urmutter Rivka eine schwere Schwangerschaft hatte, ging sie in das Lehrhaus – Jeshiva von Schem und Ewer, um G-tt zu befragen.

Wenn wir das oben Gesagte berücksichtigen, stellt sich die Frage: wodurch hat sich Awraham derart hervorgetan? Im Buch von Raw  Mosche Schapiro habe ich einen wichtigen Aspekt gesehen. Es gibt den Begriff emuna – „Glaube“, und maamin – „der Gläubige“. Und da Awraham rosch maaminim, „Oberhaupt der Gläubigen“ genannt wird, ist es uns wichtig diese Begriffe zu definieren. Russisches Wort „вера“ (Glaube; Vermerk des Übersetzers: auch das deutsche Wort „Glaube“) gibt das Wort emuna nicht in seiner ganzen Fülle wieder. Die verwandten Worte in der heiligen Sprache – neeman, neemanut – bezeichnen die Möglichkeit des Vertrauens. Wir sagen in Psukej deSimra des Morgengebetes: „Du, der Allmächtige, hast Awraham auserwählt, hast ihn aus Ur Kasdim hinausgeführt, hast ihm den Namen Awraham gegeben…“, und weiter: „und Du hast sein Herz vor Dir treu gefunden“. Treu! Treue an sich ist kein einfacher Begriff, und einen Hinweis darauf finden wir in der Geschichte von Ur Kasdim, als der Allmächtige Awraham aus dem Feuer hinausgeführt hat. Der Vater Awrahams war kein einfacher Götzendiener, er hat selbst mit Götzen gehandelt. Also hat Awraham G-tt nicht aus der väterlichen Überlieferung erkannt, sondern ganz im Gegenteil; als sein Vater davon erfahren hat, hat er persönlich Nimrod informiert, dass sein Sohn „vom Glauben abgefallen ist“. Nimrod hat natürlich befohlen, Awraham durch die Verbrennung zu bestrafen dafür, dass er den Glauben der Väter – den Glauben an Götzen – zertrampelt hat. Awraham war bereit, in den Tod zu gehen (und hat es auch gemacht), wich nicht davon ab, was er verstanden hat. Außerdem sagt  Mischna im Traktat Avot, dass Awraham zehn Prüfungen gegeben wurden und er sie alle bestand. Die erste Prüfung bestand darin, zu sehen, ob Awraham der Wahrheit, die er verstand, treu bleibt. Somit, sagt Raw  Mosche Schapiro, gibt es eine Idee der Wahrheit und eine Idee, dass man dieser Wahrheit treu bleiben muss, und gemäß dieser Wahrheit lebt, — und das ist schon der Glaube und die Treue. Awraham wurde auserwählt, weil er der Wahrheit, die er begriffen hat, absolut treu und vollkommen ergeben war. Wir sehen schon am Ende des Wochenabschnitts Noach, dass der Anfang der Auserwählung von Awraham nicht die Auserwählung durch G-tt war, sondern das, wodurch er sich selbst aus der ganzen Generation hervorgehoben hat, seine Aufopferung für die Wahrheit. In Wochenabschnitt Lech Lecha sehen wir danach, dass der Allmächtiger sich ihm offenbart hat.

Es wird gesagt über Awraham, dass er Merkawa lemidat ha-chesed war – „Gefährt der Eigenschaft der Gnade“: er war der erste, der die Eigenschaft des Chessed von G-tt in unserer Welt enthüllt hat. Versuchen wir zu verstehen, wie es mit seiner Treue zu tun hatte.

Im Wochenabschnitt „Lech Lecha“ befiehlt G-tt Awraham, nachdem Er sich ihm offenbart hatte, seinen Heimatort zu verlassen und in ein Land zu ziehen, das Er ihm zeigen wird.

Dabei hat Awraham ein grenzenloses Vertrauen in den Allmächtigen, denn das, was Er befohlen hat, stand im direkten Wiederspruch zum Versprochenen, damit beginnend, dass es Awraham befohlen wurde, seinen Heimatort zu verlassen, was den Verlust vieler Güter bedeutete.

Weiter wird gesagt, dass Awraham sich auf den Weg gemacht hat; er hat seine Frau Sarah mitgenommen und u.a. „die Seelen, die er in Charan gemacht hat“. Was sind das für Seelen? Awraham hat den Männern gijur (Konversion) gemacht, und Sarah — den Frauen. Eine genaue Definition finden wir im Targum (Übersetzung) von Onkelos der selbst ein Ger zedek (rechtschaffener Proselyt) war: „Seelen gemacht“ – „Seelen, die der Tora unterworfen wurden“. Darin besteht die sehr klare Definition des Bergiffs „gijur“. Ein Mensch kann bestimmte, sogar richtige Sachen tun und sagen, und dabei doch eigene Überlegungen – „eigenen Kopf“ – haben, warum er diese Sachen tut. Im Traktat Gittin wird der Begriff gebracht, dass „ein Nichtjude macht etwas, weil er das für notwendig hält, er will das machen“. Dieses Begriff („eigenen Kopf haben“) wiederspricht gänzlich dem Begriff eved Haschem – „Diener G-ttes“.

Die Idee der Schöpfung ist Israel, der selbst die Tora ist. Tora ist die Offenbarung des Willens des Schöpfers. Israel ist die Nation, die es auf sich nimmt, seinen Willen zu erfüllen. Ejn od milvado – „es gibt nichts außer Ihm“. Der einzige Wille, den es zu erfüllen gilt, ist der Wille des Schöpfers. Der Begriff von midat a-din – die Eigenschaft des Gerichts – ist damit eng verbunden. Nach diesem Prinzip dürfte nichts in der Welt außer seinem Willen existieren, alles andere hätte einfach kein Existenzrecht. Jedoch verschwindet die Welt nicht – dank der Existenz von midat harachamim, der Eigenschaft der Barmherzigkeit. Dank dieser Eigenschaft bekommt die Menschheit immer neue Chancen, ihre Prädestination zu erfüllen – den Willen des Schöpfers zu offenbaren und nach Seinem Willen zu leben.

Das Vorhaben des Schöpfers ist in seiner Schöpfung. Das Volk Israel soll im Einklang mit Seinem Willen leben, soll Seinen Willen erfüllen, soll sich bemühen, Seinen Willen zur seinem eigenen zu machen, wie es in Tehillim steht:“…chajim birtzono – Leben nach Seinem Willen“. Es ist wirklich ist nicht so leicht zu verstehen, aber darin liegt die Quintessenz der Schöpfung: jede Abweichung von dem Willen des Schöpfers ist dem Tode gleich. Das erste Beispiel hierzu können wir in der Sünde von Adam sehen: an sich wollte er etwas Gutes tun, den Namen des Schöpfers noch mehr preisen, und gerade dabei wurde er von der Schlange gefasst. Das Streben, eine gute Sache nach eigenem Wissen zu machen, hat ihn die direkte Anweisung von G-tt vergessen lassen, nicht von dem Baum der Erkenntnis zu essen. Genau diese Lektion müssen wir lernen, im Einklang mit dem Höchsten Willen zu leben, und keinen „eigenen Kopf“ haben.

Über Jaakow wird gesagt, dass er ein isch tam, ein „gerader“ ist. Gerade dies ist die Quintessenz von unserem Volk – tmimut, Integrität im Erfüllen des Willens des Schöpfers. Gerade diese Integrität hat Awraham geholfen, in allen Prüfungen, einschließlich der schwierigsten von allen – der Darbringung Jitzchaks – zu bestehen. Die besondere Schwere dieser Prüfung lag darin, dass der Allmächtige Awraham befohlen hat, etwas zu machen, was all dem, was er bis dahin tat und was G-tt ihm versprochen hatte, komplett widersprach. Selbst der Name Awraham beinhaltet das Wort av, der Vater – ein Begriff mit dem unbegrenzten Potenzial. Aber der Befehl, den Lieblingssohn als Opfer darzubringen, hat der ganzen „Philosophie“ von Awraham, seinem ganzen Leben widersprochen! Außerdem lag es im Widerspruch mit dem Versprechen, aus Jitzchak ein großes Volk hervorgehen zu lassen: wie kann es möglich sein, wenn er als Ganzopfer dargebracht werden würde?!

Wir können viel aus dem Verhalten von Awraham lernen: er stellt keine Fragen, empört sich nicht, wundert sich nicht. Er erfüllt einfach den Willen des Schöpfers! Ja, es hat seinen Lebensprinzipien widersprochen, man kann es nicht damit vereinbaren, was er über Jahrzehnte gelehrt hat. Aber in der Situation, in der er ein Befehl vom Schöpfer bekommt, gibt es für Awraham nicht anderes außer Seines Willens, und er erfüllt ihn einfach. Dabei kann man Awraham nicht für gefühllos halten: er ist ein Vater, ein Vater, der liebt und zweifellos einen kolossalen Schmerz empfindet, und das Messer, das über Jitzchak erhoben ist, ist für ihn einem über ihn selbst erhobenen Messer gleich. Aber sein „ich“, seine eigene Berechnungen und sein Verstehen – ist nichts im Vergleich mit dem Willen des Schöpfers. Was für eine erschütternde Geradheit! Nur so ein Mensch konnte lehren, „die Seelen der Tora zu unterwerfen“ – der Offenbarung des in der Tora vorhandenen Willens des Schöpfers.

Welche Verbindung können wir erkennen zwischen der Tatsache, dass  Awraham „der erste Gläubige“ war und dem, dass er das Attribut der Güte des Allmächtigen in dieser Welt offenbart hat? Aus den Worten von Ramchal im Buch „Daat Tvunot“ habe ich Folgendes verstanden. Die Eigenschaft der Güte bedeutet – Gutes tun. Ramchal erklärt, dass das größtmögliche Erkennen des Wesens der Schöpfung darin besteht, das Verlangen des Allmächtigen, Gutes zu tun, zu verstehen, und gerade diese Eigenschaft hat Awraham in dieser Welt offenbart. Sein Glaube, sein Erkennen der Wahrheit erreichte den höchsten Punkt und er haftete sich an den Schöpfer mit all seinen Kräften, wurde ihm im Tun des Guten ähnlich.

Wir erwähnten, dass Awraham dem Schöpfer treu war. Menschlich gesehen, vertrauen wir in unserer Welt einem, der für uns Gutes will. Sobald wir zu zweifeln beginnen, dass die Absichten eines Menschen gut sind, verliert er sofort unser Vertrauen. Wenn wir unsere Kinder zu wertvollen guten Menschen erziehen wollen, müssen wir ihnen zu verstehen geben, dass wir für sie Gutes wollen. Wenn man Schüler wirklich erziehen will, muss man für sie Gutes wollen. Aufgrund der Eigenschaft des Wohlwollens vertraut man dem Besitzer dieser Eigenschaft. In persönlichen Beziehungen ist es unmöglich, das Wohlwollen zu imitieren, denn es wird auf der Sinnesebene wahrgenommen; daher müssen wir versuchen, in erster Linie uns selbst zu dieser Eigenschaft zu erziehen. Wenn wir Kinder und Nachkommen Awrahams sein müssen und möchten, müssen wir wohlwollend sein. Awraham wurde der Erkenntnis des guten Willens des Schöpfers und des Erziehens in sich selbst, der ahavat hachessed, der Liebe zum Guten, teilhaftig. Er offenbarte, öffnete vollkommen diese Eigenschaft in unserer Welt. Wir selbst müssen danach streben, in unseren Taten dem Schöpfer ähnlich zu werden, und der wahrhaftige Beginn dessen ist das Erlangen der Eigenschaft des Wohlwollens, des Vorzugs unseres Vorvaters Awraham.

In der Tora wurde uns mehrmals befohlen, den Wegen des Allmächtigen zu folgen. Der Begriff „Adam“ hat zwei Definitionen. Eine Definition wird in der Tora gebracht: Adam stammt vom Wort „Adama“, Erde. Das weist auf die niedrige Seite der menschlichen Natur hin. Jedoch bringen unsere Weisen noch eine Definition des Worts „Adam“ – „adame leEljon“ (buchstäblich: ich werde dem Höchsten ähnlich sein). Der Sinn dieser Definition liegt im ganzheitlichen Öffnen in uns der  Gestalt und Ähnlichkeit des Höchsten. Und genau darin besteht der Sinn des Gebots, den Wegen des Schöpfers zu folgen.

›[4] Geschichten von Raw Scholom Schwadron š

[4-1] Raw Jecheskel Abramsky in Sibirien

Mit freundlicher Genehmigung der Jüdischen Zeitung Zürich

Wir haben alle schon vom Zaddik Raw Jecheskel Abramsky, das Andenken des Gerechten zum Segen, gehört. Er fuhr von Russland nach London, war dort Raw und kam später nach Jeruschalajim; von dort erstrahlte sein Licht in der ganzen Welt.

Folgende Geschichte habe ich von ihm persönlich gehört.

Raw Jecheskel Abramsky wurde aufgrund eines „schweren Vergehens“ nach Sibirien geschickt: er lernte und lehrte Tora zu der Zeit, als Bolschewiken das Land regierten. Das Urteil wurde gefällt und seine Strafe war, einige Jahre in Sibirien zu verbringen. Es ist bekannt, dass nur wenige der Zwangsarbeiter wieder lebendig aus Sibirien zurückkamen. Die meisten starben durch die schreckliche Kälte, die dort herrschte.

Reb Jecheskel erzählte mir: „Am ersten Morgen, nachdem ich dort angekommen war, wurde uns befohlen, unsere Schuhe und Socken auszuziehen und uns draußen im Schnee in einer Reihe aufzustellen. Es herrschte draußen eine schreckliche Kälte: Minus fünfzig Grad Celsius! Und dann wurde uns gesagt, dass wir nun eine Strecke von drei Kilometern im Schnee rennen müssen. Und so standen wir barfuß in der Reihe und warteten auf das Zeichen des Kommandanten, dass wir mit dem Rennen beginnen sollen.“

Reb Jecheskel lebte auf einer sehr hohen Stufe in der Emuna (Glauben) und hatte ständig G-tt vor seinen Augen. Er sprach deshalb auch immer persönlich und direkt mit G-tt: „Tatte! Vater!“

„Während diesen Minuten, als ich zum ersten Mal derart der Kälte ausgesetzt war, sprach ich zu G-tt und sagte: „Vater im Himmel! Du hast doch in Deiner Tora gesagt, dass alles vom Himmel bestimmt wird, außer der Erkältung, wovor ein Mensch sich selbst hüten muss und kann. Es ist Dir doch bekannt, dass es hier nicht in meiner Hand liegt, mich selbst vor der Erkältung zu hüten. Deshalb bitte ich Dich, mich doch bitte auch vor der Erkältung zu schützen!“

Reb Jecheskel fragte mich dann: „Hast du gehört, Reb Scholem?“ und fuhr weiter: „Während meines ganzen Aufenthaltes in Sibirien habe ich mich kein einziges Mal erkältet!“

Dann erzählte er noch weitere Details von seinem Aufenthalt in jener Hölle.

„Ich verbrachte eine längere Zeit in Sibirien und plötzlich, an einem Erew Jom Kippur, kam ein bestimmter Kommandant auf mich zu und teilte mir mit: „Du bist frei! Du kannst gehen, wohin du willst!“ Daraufhin reichte er mir ein Zugbillet, mit dem ich in mein weit entferntes Zuhause reisen konnte.

Ich nahm meine Lumpen, die ich noch besaß – Schuhe und Socken hatte ich damals schon nicht mehr – und ging auf die Bahnstation zu, um auf den kommenden Zug zu warten.

Ich saß dort eine gewisse Zeit und wartete. Dann sah ich plötzlich von weitem, wie der oberste Offizier des Lagers auf mich zukommt. Er schaute sich um und vergewisserte sich, dass niemand ihn sehen konnte. Dann neigte er sich zu mir und flüsterte in mein Ohr: „Sind Sie der Raw?“ Er sah sich nochmals um und nachdem ich seine Frage bejahte, bat er mich, ihm meine Fahrkarte zu zeigen, die man mir soeben gegeben hatte. Ich fürchtete, dass er mir die Karte nun wegnehmen würde und mein Herz begann laut zu schlagen: „Wer weiß? Vielleicht will er mich nicht gehen lassen?“ Jedoch beschloss ich, mich nicht vor ihm zu fürchten und nahm meine Reisekarte heraus. Er schaute sie an und teilte mir mit: „Rabbi, soll ich ihnen etwas sagen? Wenn Sie mit dieser Karte reisen, werden Sie sicher nicht lebendig nachhause kommen. Denn sie gaben Ihnen eine Karte für einen Wagen, der nicht geheizt ist. Sie würden mit Sicherheit erfrieren und man würde ihren Körper aus dem Wagen werfen!“

Schrecklich, was ich hören musste! Jehudim auf der ganzen Welt unternahmen alles Mögliche und sandten Briefe und Boten an die Regierung, um den Rabbiner Abramsky aus dem Lager zu befreien. Am Ende hatten sie keine andere Wahl und mussten mich freilassen. Sie wollten mich jedoch auf eine andere Art loswerden, damit sie sagen können: „Wir haben ihn befreit, er starb aber auf seiner Rückreise.“

Der Offizier schaute sich nun ein drittes Mal um und danach holte er aus seiner Manteltasche eine andere Fahrkarte und steckte sie mir in die Hand: „Hier nehmen Sie diese Karte für einen Wagen mit Heizung. Kommen Sie gesund zuhause an!“

Dann fügte er hinzu: „Ich bin auch ein Jude! Ich bitte Sie um Verzeihung für all das  Leid, das ich Ihnen zugefügt habe!“

Er war wirklich ein großer Übeltäter und hat mich sehr geplagt. Vielleicht hat er am Erew Jom Kippur Teschuwa-Gedanken gehabt, denn schließlich hatte er doch ein kleines Stückchen jüdisches Herz.

Ich konnte bald den Zug besteigen und sah während der Fahrt wirklich immer wieder, wie sie aus dem anderen Wagen leblose Körper warfen! Mit G-ttes Hilfe erreichte ich jedoch mein Ziel. Als der Zug an einem Dorf halt machte, in dem Juden wohnten, war es schon Abend und die Sonne war schon fast untergegangen. Ich schleppte mich nun mit meinen Lumpen auf das Dorf zu. Die Sonne ging schon unter, als ich das Dorf erreichte. Ich konnte also keine Seuda Hamafseket einnehmen. Und so ging ich gleich ins Beit Haknesset und fastete den ganzen Jom Kippur.“

Den wichtigsten Teil der Geschichte haben wir aber noch nicht gehört!

Nachdem Reb Jecheskel mir noch einige schreckliche Dinge über jene Zeit erzählt hatte, wie die bolschewistische Regierung noch auf anderen Wegen versucht hatte, ihn umzubringen, fügte er hinzu:

„Auf meinem Weg nach Litauen erreichte ich die Stadt Odessa und nahm von dort aus den Zug nach Warschau. Dort traf ich Reb Elchonon Wassermann, das Andenken des Gerechten zum Segen, den Schüler von Chafez Chajim und verständlicherweise umarmten und freuten wir uns über meine Befreiung.

Dann enthüllte mir Reb Elchonon: „Sie wurden am Erew Jom Kippur, am Morgen aus Sibirien entlassen. Richtig?“

Ich war ganz verwundert. Woher wusste er das? „Ja, richtig!“ antwortete ich und fragte ihn ganz offen: „Aber woher wissen Sie das? Sogar bei mir zuhause haben meine Familienmitglieder noch nichts von meiner Befreiung erfahren!“

„Sie fragen, woher mir das bekannt ist, so werde ich es Ihnen sagen.“

„Am Erew Jom Kippur, um ca. zehn Uhr frühmorgens, trat ich mit meinem Rebbe, dem Chafez Chajim aus dem Beit Haknesset, wo wir gedawent haben. Als wir den Pfad herunter schritten, hielt der Chafez Chajim plötzlich inne und rief fröhlich aus: „Siehe, die Bolschewiken haben nicht gewonnen, denn man konnte Raw Abramsky aus Sibirien befreien!“

Der Chafez Chajim war der Erste, der das ‚Telegramm‘ über die Befreiung von Raw Abramsky erhalten hatte!

›[5] Haschkafa Jehudit – jüdische Weltanschauung š

[5-1] Vor dem Eintreffen des Moschiach (Ikveta deMeschicha) Teil 3

Verfasst von Raw Elchanan Bunim Wasserman הי»ד

Der Artikel „Vor dem Eintreffen des Moschiach“ (Ikveta deMeschicha) wurde erstmals 1937 in Jiddisch verfasst und Anfang 1939 publiziert. Dieser führt die Meinung der Tora in Bezug auf politische und soziale Prozesse der Gegenwart auf. Er wurde gleich ins Hebräische übersetzt, später in viele andere Sprachen.

FortsetzungDie Hirten

8. Jecheskel beschreibt im 34. Kapitel die Generation zur Zeit der „Ikveta deMeschicha“ und die Führer (die Hirten) jener Zeit. Er trennt diese Generation in 5 Kategorien, die sich im geistigen Zustand unterscheiden:

  1. Die Schwachen
  2. Die Kranken
  3. Die Zerbrochenen
  4. Die Verstoßenen
  5. Die Verlorenen.

Die 3 letzten Kategorien umfassen 3 Arten von Abtrünnigen. Die Zerbrochenen sind Menschen, die sich von dem Volk Israel getrennt haben, indem sie eines oder mehrere Gebote der Tora nicht erfüllen. Über diese Menschen sagte der Wilner Gaon, dass ihnen in der Seele eines der seelischen Organe fehlt. Die Verstoßenen und die Verlorenen lehnen die ganze Tora ab. Der Unterschied zwischen den beiden ist, dass die Verstoßenen Abtrünnige sind, welche noch mit dem Volk verbunden sind, während von den Verlorenen nicht einmal bekannt ist, dass sie Juden sind. Die Hirten, deren Ernährung von ihrer Herde abhängt: „Milch, die ihr trinkt und Wolle die ihr trägt“, müssen auf die Herde aufpassen. Aber sie tun es nicht. Sie passen nur auf sich selbst auf. Die Herde irrt umher zwischen Bergen und Hügeln und wird eine leichte Beute für die Raubtiere. „Es gibt keinen Fordernden und es gibt keinen Suchenden“. Deswegen sagt der Ewige: Ich werde die Hirten absetzen und selber die Herde hüten. Und was mache Ich mit der Herde, die Ich hüte? 1. Die Verlorenen werde Ich auffinden, 2. die Verstoßenen werde Ich zurückbringen, 3. die Zerbrochenen werde Ich heilen. Schauen wir genauer auf die Reihenfolge, in der sich dieser Prozess entwickeln wird. Als Erstes finde Ich die Verlorenen, deren Vorfahren vor 120-130 Jahren ihren Glauben verraten haben. Man wird nachforschen und rausfinden, dass sie nicht der „arischen Abstammung“ sind. Man wird ihnen sagen: wisset, dass ihr Juden seid und gegen euren Willen bleibt ihr auch Juden. Sogar in Ländern wo es nur 1 Juden unter 1000 Bürgern gibt, wird man ihn suchen und finden. In dieser Epoche befinden wir uns gerade. Der Prozess ist noch nicht zu Ende; er verbreitet sich schnell aus einem Land in alle übrigen. Sobald alle gefunden sind, tritt das zweite Stadium ein – „die Verstoßenen werde Ich zurückbringen“. Verstoßene, zu denen jetzt auch die gefundenen „Verlorenen“ gehören. Und am Ende kommt es zu „die Zerbrochenen werde Ich heilen“.

9. In der oben erwähnten Prophezeiung wird gesagt „verirren wird sich meine Herde“. Hier muss man bemerken, dass es beweist, dass der Ewige die ganze Generation als „verirrt“ (als Menschen, die unabsichtlich Fehler machen) ansieht, außer den Hirten. „Das ganze Volk sündigt unabsichtlich“. Es würde nicht schwer sein, die Juden zu der Tora zurück zu bringen, wären nicht die Anführer, die einen Eisernen Vorhang zwischen Juden und ihrem Vater im Himmel darstellen. Die Lehrer, die Mentoren, die Schriftsteller, die Parteiführer – sie alle lassen kein Lichtstrahl der Tora auf die Juden dringen. Sie haben eigene „Tora“, eigene „Weisen“, eigene „Größen der Generation“. Sie verfinstern die Köpfe und die Seelen der Juden mit Hilfe ihrer neuen Lehre und neuen Gebote. Es ist zu bemerken, dass wenn die Juden die Möglichkeit haben, die Worte der Tora zu hören, saugen sie diese Worte sehr gierig ein. Aber „die Hirten“ geben den Lesern und Hörern wertlose Steine anstelle der Diamanten, sie geben glaubenlose Gedanken anstatt der Weltanschauung der Tora. Amüsement, Spott, und eine gute Portion Flüche zählt als guter Hör- und Lesestoff. Das sind die Hirten unserer Generation, welche der Prophet vorausgesagt hat.

10. Die Prophezeiung unterscheidet auch zwischen verschiedenen Arten von Herden: „Die Fetten und Gesunden“ – das sind viele der heutigen Reichen, die ihr Geld für unangemessene Sachen ausgeben, und dabei einen unglaublichen Geiz zeigen, wenn es darum geht, das Geld dort auszugeben, wo die Tora es verlangt. Die Reichen sind umstellt von Wächtern, welche allen Hilfsbedürftigen den Weg versperren. Der Prophet schildert: Was übrig bleibt von eurem Essen, zertretet ihr mit den Füßen und dann bekommen es die Armen und die Schwachen. Wenn man die Beziehung der Reichen den Tora Lernenden gegenüber betrachtet, welche die Ärmsten von den Armen sind, versteht man, wie klar das Bild der Prophezeiung ist. Was wird also aus den Reichen werden? Ihnen wird das gleiche wie den Hirten passieren. Es wird sich die Prophezeiung erfüllen: „Ich lasse bleiben unter euch nur arme und elende“ (Zfania 3:12).

11. In letzter Zeit können wir eine seltsame Sache beobachten: In vielen jüdischen Gemeinden trifft man Leute, die aus verschiedenen Orten zusammengekommen sind. Früher war es anders, jede Gegend hatte ihre Juden. Es gab keine Gemeinden mit großen Menschengruppen aus fernen Orten. Was hat sich verändert? Diesbezüglich gibt es eine besondere Prophezeiung: „Ich werde rütteln das Haus Israel, wie man ein Sieb rüttelt“ (Amos 9:9). Chofez Chaim, das Andenken des Gerechten zum Segen, sagte: „Der eine Korn im Sieb fällt näher, der andere weiter weg, aber kein Korn bleibt auf seinem Platz. So wird es auch mit den Juden in der Ikveta deMeschicha sein“. Außerdem fügte er im Namen von Raawad (Ende des Traktates Edijot) hinzu: „Bevor der Moschiach kommen wird, werden die jüdischen Familien in aller Welt verteilt sein. Die Eltern werden in einem Land sein und jeder der Kinder in jeweils einem anderen, bis der Elijahu kommt und «die Herzen der Väter den Söhnen zuwendet und die Herzen der Söhne den Vätern zuwendet» (Malachi 3:24)“.

12. Es gibt noch eine charakteristische Erscheinung: Die ganze Welt ist jetzt in einem Zustand der Aufruhr. Als ob man in einem Wald voller wilder und gereizter Tiere wäre. Ein Staat ist dem anderen Staat gegenüber feindselig gesinnt. Im gleichen Staat ist ein Volk dem anderen Volk gegenüber feindsinnig gesinnt und im gleichen Volk ist eine Partei der anderen Partei gegenüber feindselig gesinnt. Und diese Erscheinung gab es nicht in so einem globalen Maßstab. Das wurde auch vorhergesehen: „ich schicke jeden Menschen auf seinen nächsten“ (Sacharja 8:10).

13. „Wenn der Sohn Davids kommt, wird das Gesicht der Generation einer Hundeschnauze ähnlich sein“ (Sota 49b und Sanhedrin 97a). In der Natur des Hundes ist es, seinem Herr vorauszulaufen; auf den ersten Blick scheint es so, als ob der Hund rennt, wohin er will, und sein Eigentümer ihm hinterher läuft, aber wir wissen, dass es in Wirklichkeit umgekehrt ist: der Herr läuft, wohin er will, und der Hund läuft voraus, wohin sein Herr hingehen will. Wenn der Herr sich umdreht und in die andere Richtung geht, läuft auch der Hund zurück und dann wieder voraus, aber jetzt eben in die andere Richtung. In früheren Zeiten, als die Juden auf die Verordnungen der Tora gehört haben, haben die Toragelehrten den Weg bestimmt und die jeweilige Generation ging ihnen nach. In der Zeit der Ikveta deMeschicha wird die Autorität der Tora gebrochen. Die Generation wird gehen, wohin sie will, und die Führer des Volkes schauen, wohin das Volk geht und laufen auf diesem Weg voraus wie ein Hund (im Namen von Gaon Raw Isroel Salanter). In unserer Zeit gibt es auch Rabbiner, die der öffentlichen Meinung nachlaufen und durch den Versuch, zu beweisen, wie „demokratisch“ sie sind, in den tiefsten Abgrund fallen. Chofez Chaim, das Andenken des Gerechten zum Segen, (im Namen von Gaon Rabbi Itzhak, Sohn von Rabbi Chaim aus Voloschin) hat der Aussage „das Gesicht der Generation ähnlich einer Hundeschnauze“ eine zweite Bedeutung gegeben. Die Natur eines Hundes ist, dass wenn man auf einen Hund einen Stein wirft, er sich auf den Stein schmeißt und ihn beißt. Wenn sich gegen uns der nächste Haman erhebt, dann müssen wir wissen, dass es nichts weiter als ein Stock ist, den man auf uns vom Himmel geworfen hat: „Aschur ist doch der Stab meines Zorns“ (Jeschajahu 10:5). Es ist sinnlos gegen einen Stock Krieg zu führen, denn im Himmel gibt es genug Stöcke. „Der Allgegenwärtige hat viele Boten“, deswegen muss man Maßnahmen treffen, dass die Stöcke vom Himmel nicht mehr geworfen werden. Vor dem Eintreffen des Moschiach verlässt die Menschen der Verstand, man wird sich wie ein Hund auf „Stöcke“ werfen. Unsere Führer werden mächtigen Staaten den Krieg erklären. Wie groß ist unsere Kraft und wie groß ist unsere Macht? Mit Zeitungsartikel beschießen wir den Feind, und welche Wirkung erzielen wir? Wir reizen umso mehr die Schlange gegen die Juden. Die Anführer wollen nur den Stock sehen und weigern sich, Denjenigen anzuerkennen, der mit dem Stock schlägt. „Und das Volk kehrt nicht zu dem, der sie schlägt“ (Jeschajahu 9:12).

14. „In Zeiten der Ikveta deMeschicha nimmt die Unverschämtheit zu“.  Diese Aussage kann man auch anders deuten: „die Unverschämtheit wird sich erheben“. In früheren Zeiten hat man von den Anführern der Generation verlangt, dass sie Toragelehrte sind und dass sie Gottesfurcht und Weisheit haben. In Ikveta deMeschicha nennt man denjenigen „groß“, der sehr unverschämt ist. Und je frecher einer ist, desto größere Autorität besitzt er. Wir sehen, dass die einzige Qualifikation, die man für politische Erfolge braucht, Frechheit ist.

15. „Und niemand belehrt sie“. In früheren Zeiten gab es immer „Ankläger“, sie gingen von Stadt zu Stadt und belehrten das Volk (gemeint ist eine mitreißende, zur Rückkehr anspornende Rede), abgesehen vom örtlichen Rabbiner, der von Zeit zu Zeit solche Belehrungen machte. Vor 100 Jahren war der Dubner Magid (Prediger) berühmt, und selbst der Vilner Gaon hat nach ihm geschickt, damit er ihm — dem Gaon – seine objektive Meinung sagt. Vor kurzem lebte unter uns der Kelmer Magid, welcher viele Juden zu Tora zurückgebracht hat. Aus halachischen (gesetzlichen) Schriften der Rischojnim (Raschba und Riwasch) ist es bekannt, dass zu ihrer Zeit es in jeder Stadt einen Rat gab, der nach Sündern suchte. Die Aufgabe des Rates war es, die Sünder zu belehren. Jetzt gibt es keine Ankläger mehr. Geredet wird viel, aber keiner belehrt, keiner macht Vorwürfe, niemand sagt ein Wort der Tora. Wer sind diese Redner, die heute die Reden halten? Es sind die Partei-Agitatoren, deren Aufgabe ist es, das Volk mit süßen Reden über die nahende Rettung des Volkes einzuschläfern und behaupten, dass die nationalistische Partei das Volk retten wird. Oder Reden über die nahe Rettung der ganzen Welt, welche die Internationale bringen soll. Wir konnten bereits erkennen, dass es Illusionen sind. Alle diese Götzendienste haben ihre Perspektivlosigkeit bewiesen, haben ihre Wurzeln verloren und haben aufgehört zu sein, aber ihre Lügenpropheten wollen nicht schweigen. Seinerzeit haben Spione, die Mosche in das Land Israel schickte, gelogen, aber der Lüge fügten sie ein kleines Bisschen Wahrheit hinzu, weil „reine Lüge nicht existieren kann“ (Raschi). Aber die heutigen Lügner kümmern sich nicht einmal um die Existenzgrundlage ihrer Lügen. Sobald eine Lüge aufgedeckt wurde, legen sie andere Lügen vor, und die Leute, die nicht in der Weisheit der Tora kundig sind, nehmen diese Lügen als reinste Wahrheit auf. „Die Lüge hat keine Beine“, und ist deswegen Unterstützung angewiesen. Was unterstützt heute die Position der falschen Propheten? Das Vergessen der Tora, die Unwissenheit. Chofez Chaim sagte, dass die Tora die Augen erleuchtet, aber ohne die Tora sieht (versteht) man nichts. „Sie sehen und verstehen nicht was sie sehen“ (Wenn es kein Verständnis gibt, wie kann man dann unterscheiden). Es ist Finsternis und im Dunklen kriecht allerlei Getier herum „In der Nacht kriecht das Waldgetier“. „Viele hat die Unwissenheit niedergestreckt, gar die Starken hat sie getötet. Es geht um einen Schüler, der noch nicht die notwendige Stufe erreicht hat, und dabei lehrt“ (Avoda Sara 19b). In diesem Beispiel geht es um Fragen von koscher und trefe, aber es kann auch auf Fragen angewendet werden, die  das ganze Volk betreffen. Wer sind sie – die Wegweiser unserer Generation? Nieten und Emporkömmlinge, die kein Tora-Wissen haben, niederträchtige Menschen, die bereit sind, für eine Portion Linsensuppe das Judentum abzulegen. Und das sind unsere Anführer. So hat sich die Prophezeiung „Und Narren werden dort regieren“ (Jeschajahu 3:4) erfüllt.

16. „Es kommt die Anklage zu den Talmidej Chachamim (Toragelehrten)“ (Ktubot 112b). Die Abtrünnigen der letzten Generationen bekundeten: „was interessiert uns die Meinung der Rabbiner, welche die Tora zum Guten für sich lernen?“ (Sanhedrin 99b). Letztendlich haben sie damit zugegeben, dass das Toralernen für denjenigen, der lernt, gut ist. Die Abtrünnigen von heute behaupten dagegen, dass diejenigen, die Tora lernen, Unheil über sich und über das ganze Volk bringen. Die Aussage kann man auch so verstehen, dass der Geist der Anklage unter die Talmidej Chachamim kommt und sie werden einer den anderen anklagen.

17. „Vom Schwert sterben die Sünder meines Volkes“ (Amos 9:10). Chofez Chaim im Namen von Sohar sagte über diesen Vers, dass die Bestraffung mit Schwert durch die Bestraffung mit Armut ersetzt wurde. Vor der Erlösung wird die Anzahl an Armen im Volk Israel ansteigen. „Das arme, elende Volk werde ich retten“ (Amos). Chofez Chaim hat dem hinzugefügt: „Diejenigen, die noch ein Vermögen haben, sollen nicht glauben, dass das Geld in ihren Händen bleibt. Man wird den Juden alles abnehmen. Wenn sie einen Kopf gehabt hätten, würden sie wissen, was damit anzustellen ist“. Es sind nur 20 Jahre vergangen, seit er es gesagt hat und es hat sich bezüglich des Großteiles des Volkes erfüllt. Die Gemara hat folgendes prophezeit: „Ben David kommt solange nicht, bis der letzte Groschen aus den Taschen verschwunden ist“ (Sanhedrin 97a).

18. Ferner sagte der Chofez Chaim: „Heute passieren in kürzester Zeit Veränderungen, die früher Jahrhunderte gebraucht haben“. Man sieht, dass das Rad der Zeit sich unglaublich schnell dreht. „Was hat der Allmächtige mit uns gemacht“, warum hat sich alles so verändert? Chofez Chaim antwortet: „Vom ersten Tag der Welterschaffung bis heute haben sich viele offene Rechnungen angesammelt. Vor der Ankunft des Moschiach muss man alle Rechnungen begleichen, weil die Erlösung den Jezer haRa (der böse Trieb) beseitigen wird, was zur Beseitigung der heutigen Weltordnung führt. Diese Weltordnung ist auf dem Krieg des Menschen mit dem Jezer haRa aufgebaut. Deswegen hat jede Seele die Pflicht, alles abzubezahlen, was sie dem Himmel schuldig ist. Weil die Tage des Moschiachs nah sind, ist es notwendig, diesen Prozess zu beschleunigen“. Seit der Chofez Chaim es gesagt hat, hat das Tempo nochmals zugenommen. Es sieht so aus, als ob da einer dem Rad der Zeit befiehlt „Lauf schneller“! Jeder denkende Mensch wird verstehen, dass wir in einer außergewöhnlichen Zeit leben, welche gewaltige Änderungen mit sich bringen wird und dies wird nicht lange auf sich warten lassen, denn mit jedem Tag beschleunigt sich der Lauf der Zeit.

19. „Und lehre sie deinen Kindern“ (Dwarim 6:7). Die Weitergabe der Tora an die Kinder war Jahrtausende lang das Fundament, auf dem das gesamte Judentum stand. Das Ideal war es, die Kinder zu Großen in der Tora und zu gottesfürchtigen Menschen zu erziehen. Und was ist mit dem Geldverdienen? Man wusste schon, dass „derjenige, der Leben gibt, gibt auch zum Leben“. In letzter Zeit mit dem Verlust des Glaubens, wurde auch das Vertrauen in den Ewigen verloren. Die Eltern kümmern sich nur um den materiellen Aspekt der Zukunft ihrer Kinder: Nur ein berufliches Studium garantiert dem Kind materielle Versorgung für das ganze Leben. Außerdem hängt davon auch die Erlösung von Israel ab: je mehr wir die weltlichen Lehren beherrschen, umso größeren Wert werden wir in Augen der Völker haben. Ob diese Vermutungen richtig sind, hat der heutige Tag gezeigt. Materiell gesehen hatte die Vermutung recht, aber geistig gesehen haben wir vollständige Gojim erzogen, nationale und internationale. Welche Antwort hat der Himmel auf diese geistige Pest gegeben? „Deine böse Taten werden dich treffen“ (Jirmijahu 2:19). Diese sogenannte „Intelligenz“ ist es, die in unserer Umgebung in vielen Ländern randaliert. Diese „intelligenten“ jungen Menschen, werden von ihren genau solchen Freunden geschlagen. Früher hat man vieles dazu gemacht um Tora zu lernen und heutzutage macht man viel um auf einer Bank mit Abscheulichkeiten zu sitzen.

20. „Freue dich nicht Israel, vergnüge dich nicht wie die Völker“ (Hoschea 9:1). Ein Jude soll nicht auf gojische Art seine Zeit vertreiben. Ein Goj hat nach der Arbeit nichts zu tun, also muss er sich verschiedene Spiele und andere Zeitvertreibungen aussuchen. Für den Juden gibt es einen solchen Begriff wie „die Freizeit“ nicht. Nach der Arbeit muss er Tora lernen, wer nicht selber lernen kann, muss sich einen Lehrer suchen. Ein Jude muss außerdem eine bestimmte Zeit zum Erfüllen von Geboten und guten Taten bereitstellen, er muss anderen auf allerlei Weisen helfen. „Seid heilig“ (von Völkern getrennt, dem G-tt gewidmet, geweiht) – so ein Leben muss ein Jude führen! Der Jude muss heilig sein, das jüdische Haus muss heilig sein, jedes jüdische Herz muss heilig sein. „Ich habe euch von den Völkern getrennt“ (Vaikra 20:26): wenn ihr getrennt seid von den Völkern, dann seid ihr Meine. In letzter Zeit haben Juden die Gebote der Tora vernachlässigt und natürlich ist dadurch die Freizeit aufgetaucht. Wie nutzen sie diese Zeit? Scharen von Juden füllen die Theater und andere Vergnügungsanstalten. Von da kommen sie nachhause vollgesogen mit der geistigen Unreinheit; so entweiht sich das jüdische Haus. Die Antwort des Himmels kam sogleich: die Juden werden aus allen Vergnügungsorten verjagt — „Juden raus!“. Das ist nicht euer Platz! Und tatsächlich der Platz eines Juden ist in Beist Hamidrasch, man soll dort lernen oder Tehilim sagen. Man hat uns gewarnt: „und wenn ihr nicht von anderen Völkern getrennt seid, dann gehört ihr dem Nevuchadnezar und seinen Mittätern“ (Raschi zu Vaikra 20:26).

Übersetzung von B. Kunizkij / Fortsetzung folgt.

›[6] Das Leben der Gedolim š

[6-1] Rabbi Jehuda Hachassid

Führer des Klall Jisrael, Gestorben am 6. Cheschwan 5461 (1701)

Mit freundlicher Genehmigung Der Jüdischen Zeitung Zürich

Rabbi Jehuda Hachassids Schüler, Raw Natan Nate Mannheim, der Aw Bet Din von Hageni und Verfasser des ‚Me’orot Natan’, schreibt über seinen Lehrer: „Er war ein Zadik, die Stütze der Welt, der Erste in jeder heiligen Angelegenheit, gefüllt vom Geist der Chochma, ein wahrer Engel G“ttes…“

Rabbi Jehuda Hachassid war als gewaltiger Talmid Chacham und eine sehr einflussreiche Persönlichkeit bekannt. Den größten Teil seines Lebens beschäftigte er sich mit Tora und Awoda (Dienst G-ttes). Als er ungefähr sechzig Jahre alt war, verließ er seine Stadt Schidlitz in Polen und machte sich auf den Weg nach Jeruschalajim. Sein Ziel war es, in der Nähe des heiligsten Platzes auf der Erde, an dem die Schechina ruht, zu wohnen und die Erlösung von Jisrael näher zu bringen. Er gab jedem, der Interesse hatte, die Möglichkeit, sich ihm anzuschließen, und sagte, dass dieser ausgewählte Zeitpunkt eine „Eit Ratzon“ (günstige, vor G-tt wollgefällige Zeit) sei. Er machte aber allen klar, dass es unmöglich ist, den heiligen Berg zu besteigen, wenn man zuvor nicht eine vollständige Teschuwa gemacht und sich mit guten Taten beschäftigt hat.

Rabbi Jehuda verliess Schidlitz im Frühling des Jahrs 5459 (1699) mit weiteren dreißig Familien. Sie fuhren zusammen durch Ungarn, Deutschland und Italien, auf ihrem Weg nach Eretz Jisrael. An jedem Ort, den sie erreichten, hielt Rabbi Jehuda gewaltige Lehrvorträge über Tora und Jir’at Schamajim (G-ttesfurcht) und so geschah es, dass ihm sich noch viele Familien anschlossen. Am Ende zählte seine Gruppe 1500 Personen, wie Raw Natan Nate, der auch seine Rabbiner-Stelle verließ und mit ihm zusammen nach Eretz Jisrael auswanderte, schreibt: „Es war eine große und außergewöhnlich erhabene Gesellschaft, Zaddikim, jeder Jere Schamajim (hebr. für „Gottesfürchtige“), die Ältesten der Familien und die Häupter der Jeschiwot schlossen sich ihm an.“

Bis zu jenem Zeitpunkt gab es noch nie eine solch große Gruppe, die zusammen nach Eretz Jisrael auswanderte; So etwas hatte es in der Geschichte von Klall Jisrael. Die größte Massen-Alija hatte aus den dreihundert französischen Rabbanim bestanden,  die sich zusammen mit Rabbi Jehonatan Kohen von Lunil, vierhundert Jahre vor Rabbi Jehuda Hachassid, im Jahr 4970 (1210) nach Eretz Jisrael begeben hatte.

Rabbi Jehuda kam auf seinem Weg in der Stadt Altona in Deutschland vorbei und traf dort den ‚Chacham Zwi’. Als er im Bet Haknesset seine Drascha zu Ende sprach, nahm Rabbi Jehuda eine Sefer Tora, und begab sich auch in die Esrat Naschim, um zu den Frauen zu sprechen. Nachdem das Reden vor Frauen aber sehr ungewohnt war, protestierte Chacham Zwi dagegen und von da an sprach Rabbi Jehuda Hachassid nicht mehr vor Frauen.

Als sie an einem bestimmten Punkt ankamen, teilte sich die Gruppe. Ein Talmid Chacham, der unter dem Namen ‚Chajim Malach’ bekannt war, nahm ca. fünfhundert Leute mit sich, und schlug den Weg nach Eretz Jisrael durch Istanbul ein. Rabbi Jehuda Hachassid selbst ging mit dem restlichen Teil durch Italien. Die Beschwerden der Reise waren sehr groß, sowohl auf dem Land, als auch auf dem Schiff. Das ist auch daraus ersichtlich, dass während der Reise ca. fünfhundert Menschen ihr Leben verloren. Trotz allem verzagten diese erhabenen Menschen nicht und ließen sich davon nicht beeinflussen. Nach Rosch Haschana des Jahrs 5461 (1701), nachdem sie eineinhalb Jahre auf der Reise waren, erreichte die ganze Gruppe die Küste von Eretz Jisrael und am dritten Cheschwan trafen sie in Jeruschalajim ein. Die Rabbanim der Stadt empfingen sie. Im Sefer ‚Me’orot Natan’ wird es beschrieben: „Als wir zu den Vororten von Jeruschalajim kamen, zitterten alle Bewohner und Gelehrte. Alle dortigen Rabbanim freuten sich über den außergewöhnlichen Anblick einer so großen Gruppe von angesehenen Talmidej Chachamim, die so plötzlich angekommen ist. Alle freuten sich und tanzten ihnen entgegen.“

Während alle damit beschäftigt waren, sich während den ersten Tage etwas auszuruhen und einen geeigneten Wohnplatz zu finden, widmete sich Raw Jehuda Hachassid dem Finden eines geeigneten Beit Haknesset mit einem Hof im jüdischen Viertel und um den Erwerb dieser Stätte. Am Freitag, nachdem er in Jeruschalajim angekommen war, hatte er schon einen unterschriebenen Vertrag für den Erwerb des Grundstück in der Hand, das später unter dem Namen ‚Churwat Rabbi Jehuda Hachassid’ bekannt wurde. Dazu gehörte auch noch ein großes Stück Land, auf dem zweiundvierzig Zimmer zum Wohnen gebaut werden konnten. Diese Häuser wurden von den Arabern später ‚Dir al Aschkenas’ genannt.

Beim Eintritt des Schabbat fühlte sich Rabbi Jehuda Hachassid dann aber plötzlich nicht gut und brach auf seinem Bett zusammen. Er war nur noch teilweise bei Bewusstsein und wiederholte verschiedene Psukim der Tora. Man brachte schnell den frommen sefardischen Doktor, Rabbi Refael Mordechai Malchi zu ihm, der aber sagte, dass momentan nichts getan werden kann, und bis Mozo’ei Schabbat gewartet werden müsse. Wie durch ein Wunder erwachte Rabbi Jehuda am Schabbat-Morgen wieder und fühlte sich besser; so beteiligte er sich am Gebet der Gemeinde. Als er aber nach dem Dawenen nach Hause zurückkehrte, brach er noch einmal zusammen und fiel in einen tiefen Schlaf. Am darauffolgenden Montag verließ die Neschama seinen Körper.

Alle Jehudim von Jeruschalajim nahmen an seiner Lewaja teil. Er wurde in einer großen Höhle, am Hang des Har Hasetim, begraben, in der Nähe des Grabs von Secharja Hanawi. Im gleichen Jahr starben auch seine Frau und sein Sohn.

Im Sefer ‚Toldot Chachme Jeruschalajim’ steht über diese Höhle Folgendes: „Es ist eine Überlieferung von den Ältesten von Jeruschalajim, dass dort die Gebeine von Rabbi Jehuda Hachassid und verschiedenen, ausgewählten Talmidim von ihm begraben wurden. Die Höhle ist etwas Außergewöhnliches. Sie wurde in den Felsen gehackt und in ihren Wänden befinden sich geschlossene Löcher. Insgesamt gibt es dort sechzig solche Löcher, die verschlossen sind. Alle heiligen Chachamim, die an diesem heiligen Ort begraben sind, sind Bnej Aschkenas.“

Nach dem Sechstagekrieg wurde diese Höhle durch Raw Jisrael Gellis entdeckt.


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